Kinetisches Lichtobjekt von Otto Piene in Köln

OTTO PIENE verwandelte die Eckfassade des von einem passionierten Sammler zeitgenössischer Kunst errichteten Geschäftshauses in eine kinetische Lichtplastik. Um einen riesigen Reflektor zu gewinnen, verkleidete Piene die Fassade oberhalb des Erdgeschosses bis hinauf zur Dachkante mit einem Raster aus gleich dimensionierten quadratischen Stahlpaneelen. Die Diamantfacettierung der polierten Paneele erhöht den Grad ihrer Reflexion, zudem gibt sie der Fassade plastische Qualität. Verschieden dimensionierte, kugelige Objekte, die im Inneren mit einer Lichtquelle versehen und an unterschiedlich langen Distanzhaltern über die ganze Fläche in variierender Dichte montiert sind, strahlen nach einem vorgegebenen Programm gegen die Westseite der Fassade. Weil ein Teil der Objekte auf die facettierte Fläche, ein anderer aber parallel zu ihr strahlt, erfährt die Gesamtfläche eine starke Belebung. Das eigentliche dynamische Zentrum der Installation ist ein Lichtrad, das ein wenig aus der Fassadenachse versetzt ist. Seine unterschiedlich großen Räder rotieren um eine gemeinsame Achse. Oberhalb des Bewegungszentrums tritt eine metallene Vertikale über die Dachkante hinaus, die das kinetische Licht- und Bewegungsspiel in die Weite des unendlichen Raumes expandieren lässt.

Text: Dr. Helmut Fußbroich


CHRONOLOGIE
  • Otto Piene: geb. 18.4.1928, gest. 17.7.2014 (86 Jahre alt geworden); Ehefrau Elizabeth Goldring-Piene.
  • Avangardist der deutschen Nachkriegskunst; statt mit Farben und Pinsel experimentierte Piene mit neuen Materialien und mit den elementaren Kräften der Natur: Licht, Bewegung, Wind, Feuer, Luft, Energie; es entstehen Rauchgemälde, Feuerbilder, Lichtinstallationen, aufblasbare Himmelsskulpturen.
  • 1958 hatte Otto Piene zusammen mit Heinz Mack die ZERO Gruppe gebildet; 1961 schloß sich Günther Uecker der Künstlergruppe an. 1966 löste sich die Gruppe wieder auf.
  • 1966 enstand in Köln in der Hohe Straße 124-126 am Wormland Haus die elektronisch gesteuerte kinetische Lichtplastik "Licht und Bewegung" von Otto Piene. Das Werk wurde im Auftrag des Unternehmers und Kunstsammlers Theo Wormland gefertigt. Die Kugelköpfe am Ende der Stäbe enthalten Lichtquellen, die z.T. auf die Fassade gerichtet sind, z.T. auch parallel zu ihr. Für Reflektionseffekte sorgt ein Raster aus Stahlpanelen in Form flacher Pyramiden, das die gesamte Fassade überzieht (Hohe Straße - Salomongasse). Um einen großen Kugelkopf als Zentrum herum sind Kugelköpfe auf konzentrischen Kreisen angeordnet. Diese Kreise drehen sich und erzeugen so ein "Lichtballet". Architekt des Wormland Hauses in Köln ist Peter Neufert (Vater: Prof. Dr. Ernst Neufert); der Bauherr war Theo Wormland.
  • 1967 erhielt das Geschäfthaus Wormland den Kölner Architekturpreis.
  • 1982 gründete Theo Wormland die Theo Wormand Stiftung GmbH (Muttergesellschaft der WORMLAND Unternehmen), die folgende gemeinnützige Zwecke hat: 1. Förderung der Bayrischen Staatsgemäldesammlungen, Moderne Kunst und 2. Förderung von Altenpflegeeinrichtungen im Freistaat Bayern. Mit dem Tod von Theo Wormland im Jahre 1983 ging die von ihm aufgebaute Kunstsammlung als Leihgabe für die Dauer von 30 Jahren an die Bayrischen Staatsgemäldesammlungen (inkl. Pinakothek der Moderne). Im Jahre 2013 ist die Sammlung in das Eigentum des Freistaates Bayern übergegangen.
  • Zwischen 1982 und 2001 wurde der hochdotierte Theo Wormland Kunstpreis vergeben.
  • 2001 schrieb Anka Ghise-Beer ihre Dissertation ( Band 1 - Band 2 ) über das Werk des Architekten Peter Neufert; das Kaufhaus Wormland wird darin ausführlich beschrieben.
  • 2001 schließt das Wormland Haus in der Hohe Straße; Eigentümer bleibt die Wormland Stiftung. Das Wormland Geschäft in der Schildergasse schließt im Januar 2014.
  • 2008 riefen die Düsseldorfer ZERO Gründer Heinz Mack, Otto Piene und Guenther Ücker die ZERO Foundation ins Leben. Unterstützung erhielt sie dabei von der Stiftung Museum Kunstpalast und der Landeshauptstadt Düsseldorf.
  • Seit 2010 gibt es den ZERO Freundeskreis zur Unterstützung der ZERO Foundation.
  • 2014 leitete der Stadtkonservator der Stadt Köln, Dr. Thomas Werner, das Verfahren zur Unterschutzstellung der Wormland Fassade mit der Lichtplastik von Otto Piene ein.
  • Seit Frühjahr 2015 ist das kinetische Lichtobjekt "Licht und Bewegung" an der Wormland Fassade offiziell ein rechtskräftig eingetragenes Denkmal. In der Folgezeit wurde Frau Prof. Schock-Werner initiativ und koordinierte die Planung seiner Wiederherstellung. Es wird davon ausgegangen, daß das Kunstobjekt bereits Ende 2015 wieder funktionstüchtig sein wird.
  • Joachim Frank schrieb am 08.09.2015 im Kölner Stadt-Anzeiger: "Kein Licht und keine Bewegung" - Wormland-Haus: Stiftung verhängt Reparatur-Stopp - "Überraschende und völlig unverständliche Entscheidung"